Die Verteidigung der Täter beruft etliche Zeugen, die als Entlastungszeugen dienen sollen, in den Zeugenstand. Darunter befinden sich beispielsweise einige Stammgäste, die sich als Freunde von Anton und Berta deklarieren. So auch der eigene Weinlieferant und eine Person, deren Verhalten uns bis zum heutigen Tage unbegreiflich erscheint, ein Polizist.
All jene berichten davon, daß sie keinerlei Wahrnehmungen hinsichtlich sexueller Übergriffe hatten, was auch keineswegs verwunderlich erscheint, hat doch der Täter stets darauf geachtet, daß er bei seinen Straftaten unbeobachtet ist, oder sie begangen wenn er alleine mit seinen Dienstnehmerinnen im Lokal war.
Der Polizist hat dem Ansehen der Exekutive keinen guten Dienst erwiesen …
Dazu ein Auszug aus dem Gerichtsurteil:
Was soll man sich dabei denken, wenn einerseits ein Mann mehrerer, über Jahre hindurch begangener Sexualstraftaten beschuldigt wird, die zentraler Bestandteil akribischer polizeilicher Ermittlungen waren und dann ein Zeuge der Verteidigung in den Zeugenstand tritt und seine Befragung mit der Einleitung beginnt: „Ich bin Polizeibeamter in …„. Doch nicht genug: Zeuge Gustinus wiederholt seine berufliche Tätigkeit nochmals, betont sie richtiggehend und das erweckt beim Zuhörer den Eindruck, daß er seine Angaben mit der Gravität eines Polizeibeamten untermauern möchte. Polizist Gustinus berichtet davon, daß er ein freundschaftliches Verhältnis zu Anton und Berta habe, Stammgast in deren Lokal sei und niemals eine einschlägige Wahrnehmung hatte. Auf die Frage des Richters, ob er Genaueres über den Fall wüßte, gab er sinngemäß als Antwort, daß er zwar von den Ermittlungen seiner Kollegen am Rande gehört habe, „aber eigentlich wollte ich nichts Genaues wissen„.
Wenn ich als Polizist arbeiten würde, würde mich doch sehr wohl interessieren, was es mit angeblichen Sexualverbrechen in einem Lokal auf sich hat, in dem ich als Stammgast verkehre.
Dazu auszugsweise aus dem Gerichtsurteil:
Auch die Angaben des Zeugen Gustinus, daß sich die betroffenen Opfer, obwohl ihnen bekannt sein mußte, daß er Polizist ist, sich nie hilfesuchend an ihn gewandt hätten, ist durchaus damit erklärbar, daß den Kellnerinnen auch nach Angabe des Zeugen Gustinus durchaus bewußt war, daß er mit den Angeklagten gut befreundet ist und die Opfer wohl schon aus diesem Grund davon Abstand nahmen, dem Zeugen Gustinus von den Übergriffen des Täters zu berichten bzw. gar ihn um Hilfe zu bitten.
Faksimile aus dem Urteil des LG Korneuburg – eine mehr als bedauerliche Feststellung des Gerichts zu den Angaben des Zeugen, der seine berufliche Tätigkeit als Polizeibeamter mehrmals betonte …
Hätte der Polizeibeamte bei der Angabe über seine berufliche Tätigkeit beispielsweise angegeben, daß er Beamter wäre, hätte es gereicht. Die mehrmalige Betonung darauf, daß er Polizist sei, auch unter Nennung der Dienststelle (im regionalen Umfeld des Tatortes gelegen) und als Zuckerguß, daß er über die Ermittlungen die seine Kollegen durchführten „gar nichts Genaues wissen wollte“, wirft nicht gerade ein gutes Licht auf den Zeugen und seine Einstellung zur eigenen beruflichen Tätigkeit. Er wäre besser beraten gewesen, wenn er sich beispielsweise aus beruflichen Gründen auf Befangenheit berufen und keine Aussage gvorgenommen hätte.
Das Gericht wird dann jene Aussagen, die die unterschiedlichen Entlastungszeugen zu den Tätern äußern, im Urteil als „offensichtliche Gefälligkeitsaussagen“ bezeichnen (siehe auch nächstes Kapitel)
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