Gedanken über die Rechte(n)

Reinigung

KOMMENTAR | Wenn es etwas gibt, das einen einigermaßen des Denkens fähigen Menschen mit Ärger, aber auch mit Besorgnis erfüllt, dann ist dies unweigerlich das „rechte“ Gedankengut, das immer häufiger in die kleinsten Bereiche des täglichen Lebens eindringt, so wie feiner Staub in ganz enge Ritzen. Das reicht von: „Die ganzen Polacken können ja net autofoarn!“ bis: „Hier wird net g’handelt, mir san net bei die Juden!“ Aber woher kommt die allgemeine Toleranz diesen Sprüchen gegenüber?

Wir haben uns an die Verfolgung neo-nazistischer Umtriebe gemacht, nicht zuletzt wegen unserer nicht mehr zu leugnenden aktiven Teilnahme an den Schrecken des Dritten Reichs, und mit einem „Wiederbetätigungsgesetz“ dem Staat (und damit der Gesellschaft!) auch eine rechtliche Grundlage gegeben. Daß einige Volksvertreter nun einmal Charakterzüge an den Tag legen, die sie eigentlich disqualifizieren, ein öffentliches Amt zu bekleiden, muß bei Respektierung der demokratischen Wahlvorgänge zähneknirschend zur Kenntnis genommen werden. Ebenso die Tatsache, dass Vertreter der angeblich anderen Meinungsrichtungen Verfehlungen besagter Mandatare nur sehr zögernd, wenn überhaupt, monieren, geschweige denn ahnden.

Jedoch wirklich auffällig ist doch die Tatsache, dass „rechte“ verbale Ausfälle bei Politikern anderer EU-Länder lächelnd akzeptiert werden, vielleicht von einer kleinen Glosse eines Redakteurs begleitet, und keine wie immer geartete Reaktionen seitens unserer Regierenden nach sich ziehen. Ob Sarkozy, Berlusconi, Kaczinsky, oder wie die Herrschaften auch heißen mögen, offenbar haben die Politiker Österreichs und Deutschlands Angst, sich gegen solche unerträglichen Polemiker zur Wehr zu setzen. Und dieser Mangel an politischem Rückgrat wird irgendwann einmal, so ist zu befürchten, Konsequenzen haben, daß Parteien, die sich in einem Wahlkampf die „Endlösung der Zigeunerfrage“ an ihr Banner heften, nicht mehr in die Schranken gewiesen werden, nur weil sie in ihrem Land die Mehrheit und daher die Macht haben.

Die nach rechts gerichtete Tendenz in Europas Denken und Handeln, die nach dem Kollaps des Eisernen Vorhangs von Europas Sozialistischen Parteien, wenn schon nicht lanciert, dann aber zumindest gefördert wurde mit der Suche nach neuen Feindbildern, ist also keine Überraschung. Am wenigsten aber für die Herren und Damen in den Regierungen, die dann immer sehr telegen „schockiert und betroffen“ sind.

Reinhard Ploil

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