Polizeinotruf 110 – eine skurrile Begebenheit

(Deutschland) München, Hauzenbergerstrasse Samstag 26.08.00 gegen 04:25 Uhr, ein Geschrei ist wahrnehmbar. Durch dieses wird ein Anwohner aus dem Schlaf gerissen. Plötzlich hört man Glass klirren, mindestens zwei Menschen schreien und durch den Hall hört man wie sie weglaufen. Schnell begibt sich der „Hörzeuge“ auf den Balkon. Von diesem kann er sehen, dass eine Straßenlaterne eingeschossen wurde.

Die zertrümmerte Straßenlaterne

Die zertrümmerte Straßenlaterne

Der Vandalismus ist nichts Unbekanntes in dieser Gegend. Hat doch erst unlängst ein tobender Mann mit Fahrrädern um sich geworfen. Der Hausbewohner geht rasch zum Telefon und wählt 110. Dem Polizeibeamten, der rasch abhebt schildert er den Sachverhalt. Man kann davon ausgehen, daß um diese Uhrzeit Personen auf der Straße auffallen und somit die Täter für den von ihnen verursachten Schaden zur Verantwortung gezogen werden können. Aber es sollte alles anders kommen.

Der Beamte hörte sich den Sachverhalt an und fragte nun nach dem Namen des Anrufers. Da dieser anonym bleiben möchte und die Täter nicht sah und somit zu einem späteren Zeitpunkt nicht identifizieren konnte, teile er dies dem Beamten mit. Der nahm dies jedoch nicht zur Kenntnis. „Habens denn etwas zu verbergen“ bohrte der Polizeibeamte der Notrufzentrale. Der Anrufer wollte einfach anonym bleiben. Darauf sagte der Polizist: „Dann vergesßma des Ganze.“

Kopfschüttelnd legte der Anrufer den Telefonhörer auf. Kaum war der Hörer aufgelegt läutete auch schon das Telefon und der Polizeibeamte fragte, warum er denn den Hörer auflegte und nicht bereit sei seinen Namen und die eigene Adresse anzugeben. Man mache sich nämlich strafbar wenn man das nicht täte. Eine Ordnungswidrigkeit wäre das. Der „Hörzeuge“ verstand die Welt nicht mehr. Er sagte dem Beamten, daß er eine vermutliche Sachbeschädigung melden wolle und nun soll er bestraft werden. „Ja habens denn was zu verbergen?“, das waren die einzigen Worte, die er von dem Polizisten mehrfach zu hören bekam. Nachdem dieses Telefonat dann auch beendet war begab sich der Zeuge, der die Welt nicht mehr so ganz verstand, zu Bett.

Es dauerte etwa 5 Minuten da klingelte erneut das Telefon. Es war wieder der Beamte der Notrufzentrale dran, der dem Anrufer mitteilte, daß er ein Verfahren gegen ihn einleiten werde und der Telefonanschluß jetzt amtlich festgestellt werde. „Das wird Sie bis zu ein paar tausend Mark kosten“ – das waren seine letzten Worte.

Zu dem geschilderten Vorfall werden wir das Münchner Polizeipräsidium um eine Stellungnahme ersuchen. Interessant ist auch der Umstand das der Polizist eine Fangschaltung zu diesem Zweck 2x in Anspruch genommen hat um bei dem „Hörzeugen“ anzurufen. Hat der Beamte es tatsächlich unterlassen die notwendigen Maßnahmen in Wege zu leiten um die Täter der Sachbeschädiung zu fassen? Zumindest als am Vormittag der Hausmeister auf der Leiter stand um das kaputte Glas auszuwechseln und die Scherben wegzuräumen, wußte er noch nichts von der Polizei. Eines hat er ganz sicher mit aller Vehemenz versucht den Anrufer ausfindig zu machen – ob hier nicht falsche Prioritäten gesetzt wurden? Von einem Beamten, der in einer Notrufzentrale sitzt, sollte man anderes erwarten können.

Stellungnahme des Polizeipräsidium München

Nach internen Erhebungen hat das Polizeipräsidium München der Redaktion heute ihre Stellungnahme zu den im Artikel geschilderten Ereignissen übermittelt. Dabei führt Polizeioberrat J. RUMMLER wie folgt aus:

Wir bedauern den Vorfall und entschuldigen uns für das Fehlverhalten des Beamten. Dieser wurde diesbezüglich belehrt. Wir sind auf die Mithilfe und Unterstützung der Bevölkerung angewiesen um Täter nach Begehung strafbarer Handlungen zur Verantwortung ziehen zu können. Selbstverständlich bleibt es dem Bürger überlassen, ob er anonym bleiben möchte oder nicht. Sollten sich Rückfragen durch die einschreitenden Beamten ergeben, wäre eine Datenangabe vorteilhaft. Im gegenständlichen Fall jedoch hätten die persönlichen Daten des Anrufers auch keine weiteren Erkenntnisse mit sich gebracht.

012608

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