Rock Legends in Wiesen

(Österreich/Burgenland) Vier einstmals berühmte Bands aus den 60ern und 70ern touren gemeinsam als „Rock Legends“ durch Europa und machten am Freitag, den 6. August 04 auch im burgenländischen Wiesen Station. Wiesen wurde durch sein Jazz-Festival bekannt, und hat sich mittlerweile als Veranstaltungsort für verschiedenste Musikevents während des Sommers etabliert. Ein großes Zelt sorgt für eine gewisse Unabhängigkeit vom Wetter, ist aber nur eine Notlösung. Große Teile des Publikums halten sich unter freiem Himmel auf und würden ohnehin bei halbwegs erfolgreichen Veranstaltungen die Kapazität des Zeltes deutlich übersteigen.

Als positiv sind die moderaten Preise für Eintritt, Getränke und Essen zu vermerken. Der Einlaß durch zwei relativ schmale Eingänge für zwei Trauben von Besuchern geht leider nur sehr zögerlich von Statten. Die Qualität der Getränke und des Essensangebotes ist aber für eine solche Veranstaltung wirklich gut, hier lohnt sich das – auch hier meist nötige – lange Anstellen. Ohne Eintrittskarten aus dem Vorverkauf ist die Zufahrt zu den Parkplätzen übrigens nicht gestattet und man muß sich auf der Durchfahrtsstraße einen solchen suchen. Der Weg zum Veranstaltungszelt ist teilweise in einem wahrlich abenteuerlichen Zustand und für Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer kaum zu bewältigen.

Die vier oben genannten Legenden des Rock sind Canned Heat, Ten Years After, Uriah Heep und Jethro Tull, sie spielten von 17-24 Uhr jeweils etwa anderthalb Stunden lang, mit gut zwanzigminütigen Pausen für die Bühnenumbauten. Etwa 6 Stunden reine Spielzeit also, fast schon ein wenig zu viel …

Canned Heat begann als erste Gruppe und spielte ihre populären Nummern, wie »On The Road Again«, »Let’s Work Together« usw., wie zu ihren besten Zeiten. Deftiger weißer Gitarrenblues in der Tradition von John Lee Hooker, Muddy Waters & Co beeindruckte das Publikum.

Ten Years After, von der Musikrichtung sehr ähnlich gelagert, nur noch härter und mit mehr Konzentration auf die Gitarre als Soloinstrument, traten als zweite Gruppe auf. Aber Ten Years After, das war eigentlich Alvin Lee mit Begleitung. Und Alvin Lee spielt heute unter seinem eigenen Namen und nicht mehr bei Ten Years After. Ten Years After ohne Alvin Lee, das ist irgendwie wie die Stones ohne Jagger und Richards. Am Können des Frontmannes in der Rolle als Sänger und Gitarristen gab es wenig auszusetzen, aber mit den traditionell schon langen Gitarrensoli übertrieben sie es dann doch etwas. Nichts gegen ein gutes Solo, und gut waren sie, aber wenn das Solo bei jedem Lied ein Vielfaches länger als der Song selbst ist, wird man ihm irgendwann überdrüssig. Auch Ten Years After spielten ihr bekanntes Repertoire von »I Woke Up This Morning« bis zum unvermeidlichen »I’m Going Home«.

Mit dem Auftritt von Uriah Heep erfolgte der erste Stilwechsel, waren sie doch eine der typischen, englischen Hardrock-Bands der 70er in der Art von Deep Purple. Sie sind allerdings auch die einzige der vier Bands, die heute wieder halbwegs erfolgreiche Alben herausbringen und die sind nicht einmal schlecht gelungen. Vorausgesetzt, man mag ihre Songs, denn stilmäßig sind sie sich immer treu geblieben. Das kann man als unflexibel verurteilen oder als Fan ihrer Musik dankbar genießen. Und so spielten sie auch passenderweise einen Mix aus ihren neuen und alten Songs. Von den alten, bekannteren Liedern waren u.a. »Gypsy«, »Sunrise«, »Stealin’«, »Easy Livin’« und die neue, mit akustischer Gitarre begleitete Lifeversion von »Lady In Black« zu hören. Vor allem Letzterer sorgte als Abschlußsong, mit seinem selbst im tiefsten Burgenland leicht mitzusingendem Refrain (Ahhh-Ahh-Ahhh-Ahh-Ah-Ahhh), für den Stimmungshöhepunkt des Abends. Einer der Hauptgründe für den guten Eindruck, den dieser Auftritt hinterließ, war die Agilität und das Stimmvolumen des Sängers Pete Goalby.

Jethro Tull sorgten für den nächsten Stilwechsel. Schon Ian Andersons Bemerkung, daß Jethro Tull einst den Grammy als beste Hardrockband gewann (und Metallica nicht), ließ bei Kennern seines Humors die Erkenntnis aufkommen, daß man wenige bekannte Songs zu hören bekommen würde. Sicher, »Too Old To Rock ´n´ Roll: Too Young To Die«” wurde kurz angespielt und die unvermeidlichen »Locomotive Breath« und »Aqualung« am Ende des Auftritts wurden in (allerdings nicht sonderlich gelungenen) Versionen auch noch gebracht, aber kein »Living In The Past«, »Bungle In The Jungle«, »Thick As A Brick« oder »Minstrel In The Gallery« war zu hören. Was aber keineswegs bedeuten soll, der Auftritt wäre schlecht gewesen, im Gegenteil; die, zum Teil mit Gästen (z.B. einer slowakischen Flötenspielerin) gespielten, meist recht originellen Songs waren allesamt hervorragend. Allerdings hätten viele Zuhörer diesen Auftritt besser zu einem frühren Zeitpunkt genießen können, nachdem man bereits viereinhalb Stunden Konzert in den Ohren hatte, litt nämlich die nötige Konzentration für die vielen, doch eher unbekannten Titel schon beträchtlich.

Jethro Tull wären die perfekten Opener und Uriah Heep mit ihren leicht ins Ohr gehenden Songs der perfekte Abschluß gewesen. Das Publikum bei diesem Konzert näherte sich im Altersdurchschnitt schon verdächtig den Gästen der ehemaligen Fernsehsendung »Senioren Club« (ORF) an. »The Times They Are A-Changin’«, wie schon Dylan so zutreffend gesungen hat. Von »Trau keinem unter 30« kann, selbst bei großzügigster Auslegung, keine Rede mehr sein, auch eine Verdoppelung dieser kritischen Zahl hätte so manchen der Konzertbesucher nicht mehr aus der Affäre gezogen.

Aber Wiesen war einen Besuch wert! Wer selbst die Gelegenheit haben sollte, die vier Bands in nächster Zeit in seiner Nähe zu genießen, sollte es sich nicht entgehen lassen. Im Rentenalter sind sie ja schon fast alle, wer weiß, wie lang sie es noch auf der Bühne zu sehen gibt.

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2004-08-14