Wir gehen in die Schule: Wer gilt als Schweizer Nationalhund?

(Österreich) Seit einigen Jahren sammeln wir Sachverhalte, die wir nicht akribisch suchen, sondern jene mit denen wir in unserem Umfeld in der Eigenschaft als Eltern und Erziehungsberechtigte von schulpflichtigen Kindern durch Lehrmittel konfrontiert werden (Beispiel). Die modernen Lehrmittel, denen, dem Zeitgeist entsprechend, auch schon unzählige Inhalte aus dem Internet beigefügt werden, die dann offensichtlich ungeprüft unseren Kindern vor- und beigebracht werden, stellen ein eigenes Kapitel dar, auf das wir zu gegebenen Zeitpunkt ausführlich eingehen werden. Vor nicht allzu langer Zeit hat eine Studie ergeben, daß viele Kinder nicht mehr in der Lage sind, bestimmte Obst- oder Gemüsesorten zu unterscheiden. Und als Höhepunkt der Wahrnehmung hat sicherlich das Fallbeispiel eines immer mehr theoretisch als praktischen gelagerten Lehrmittelplanes zu gelten, bei dem ein Kind im Unterricht eine lila Kuh zeichnete, aber nicht, weil es Werbung für einen Süßwarenproduzenten machen wollte, sondern weil es eine Kuh noch nie in natura sah.

Ein aktueller Fall, der sich erst vor einigen Tagen abgespielt hat, zwang uns jedoch regelrecht, umgehend zu reagieren, weil solche Abläufe, vor allem das Endergebnis, so nicht von verantwortungsbewußten Eltern bzw. Erziehungsberechtigten hingenommen werden darf.

Zum Sachverhalt: Ein Schüler der 2. Klasse Hauptschule (6. Schuljahr [Schüler 11-12 Jahre alt]) kommt zur Kontrolle der Hausaufgabe zum Vater (Journalist). Ein markierter Text aus dem Deutschbuch ist unter Weglassung bestimmter Sätze einfach abzuschreiben, und immer wenn der Hundekopf im Text ersichtlich ist, die Hunderasse anzuführen. Die Überschrift titelt: „Der Berner Senenhund“. Die Texteinleitung:

Der Berner Senenhund ist der Nationalhund der Schweiz. Ein ausgewachsenes Tier bringt es auf gut 100 kg. … Er wird ca. 70cm hoch.

Aber Hoppla, der Berner Sennenhund ist doch nicht der Schweizer Nationalhund, wiegt doch maximal die Hälfte und hat keine Höhe von 70cm!? Da stimmt doch etwas nicht, denn der Vater hatte einmal einen Hund dieser Rasse. Er fragt sein Kind, wie es zu der Annahme käme, daß ein Berner Sennenhund der Schweizer Nationalhund sei? Als solcher gelte ausschließlich der Bernhardiner. Der Schüler bringt darauf das Schulbuch in dem diese Angabe handschriftlich in der Überschrift eingefügt ist und gibt an, daß das die Lehrkraft so gesagt habe.

Deutschunterricht in der Hauptschule

Faksimile der Deutsch-Hausaufgabe - die entnommene Seite aus dem Schulheft

In dem Lehrbuch ist, wie eindeutig zu sehen, nicht nur ganze fünf Mal der Kopf eines Bernhardiners an den Stellen abgebildet, in denen die Schüler bei der Hausaufgabe die Hunderasse einzufügen haben, sondern auch zwei Ganzkörperabbildungen innerhalb dieses Textes angebracht. Also eindeutig ist ein Bernhardiner und nicht ein Berner Sennenhund gemeint. Vielleicht assoziierte das Kind Erzählungen des Elterteiles über diese Hunderasse und vielleicht lag darin der Fehler begründet? Eine telefonische Nachfrage bei einer Schulkollegin bestätigte die Angaben des eigenen Kindes, daß die Lehrkraft Berner Sennenhund auf die Tafel geschrieben hatte.

Faksimile aus dem Schulbuch

Faksimile aus dem Schulbuch

Der Vater entnahm die Seite mit der Hausaufgabe aus dem Heft, und sein Kind schrieb den vollständigen Text nochmals, aber diesmal mit der richtigen Hunderassenbezeichnung „Bernhardiner“ ab.

Am nächsten Tag zu Schulbeginn, solche Angelegenheiten lassen sich in einem Gespräch leichter erörtern, begab er sich in die Hauptschule zu der Lehrerin. Er druckte auch aus einem Internetportal zu dem Schweizer Nationalhund, dem Bernhardiner, extra eine Seite aus, die er mitnahm. Dort stellte er der Lehrkraft die Frage, ob sie tatsächlich den Kindern einen Berner Sennenhund als Schweizer Nationalhund vermittelt hat, der weder von der Größe noch von dem Gewicht noch mit den Abbildungen im Schulbuch übereinstimmt, und zeigte ihr zusätzlich den Ausdruck. Die ausgebildete Pädagogin und Lehrkraft mit langjähriger Erfahrung, die der Erziehungsberechtigte auch wegen ihrer Couragiertheit und ihrem Engagement schätzt, antwortete wie folgt:

Es gibt über 300 Hunde – ob das der Berner Sennenhund oder Bernhardiner ist, ist egal.

Selbst der Hinweis auf die im Schulbuch evidenten Abbildungen half da nicht viel.

Er teilte der Lehrkraft mit, daß er sein Kind die Hausaufgabe unter der richtigen Benennung des Hundes mit BERHARDINER nochmals schreiben ließ, worauf diese antwortete „Ist auch richtig„, allerdings nicht deshalb, weil es sachlich richtig ist, sondern weil der Bernhardiner auch als richtige Erfüllung der Hausaufgabe angesehen wird – als wenn BERNHARDINER auch toleriert werden würde. Er erlaubte sich den Hinweis, daß es angebracht wäre, die Kinder auf diesen Fehler im Unterricht hinzuweisen.

Als sein Kind an diesem Tag vom Unterricht nach Hause kam, fragte er, was die Lehrerin zu der Sache mit der falschen Deklarierung des Schweizer Nationalhundes denn gesagt hätte, worauf das Kind antwortete, daß die Frau Lehrerin gar nichts dazu sagte.

Jedem Menschen ist zuzubilligen, Fehler zu machen, das ist eine unserer Schwächen, ist Bestandteil unseres Wesens – wir sind alle Menschen und niemand ohne Fehler. Wenn eine Lehrkraft gegenüber ihren Schülern einen Fehler eingesteht, so ist dies niemals ein Zeichen von Schwäche, sondern wird, zugegebenermaßen vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt, als Zeichen wahrer Größe erkannt. Wie immer man darüber denken möge, und wie schwer es auch manchen fällt, diesen Schritt zu machen, aber dieser Verpflichtung hat ein Lehrer oder eine Lehrerin aus einem Selbstverständnis heraus nachzukommen.

Spät aber doch – Richtigstellung der Pädagogin

UPDATE 22.9.09: Am heutigen Tage haben die Schüler ihre Hausaufgaben zurückbekommen. Die Lehrerin der Hauptschule teilte den Kindern mit, daß ihr ein Fehler unterlaufen sei. Es würde sich bei dem Schweizer Nationalhund um einen Bernhardiner handeln. Die Hausaufgaben unter Angabe des Berner Sennenhundes würde nicht als falsch gewertet werden.

102009

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