Wiener Opernball – und weil es peinlich ist, spricht man nicht darüber

Zutritt zum Wiener Opernball(Österreich) Eine rauschende Ballnacht ging in der Wiener Staatsoper wieder beim diesjährigen Opernball vorüber. Prominenz aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gaben sich bei dem jährlichen, fast einem Staatsakt gleichenden Ereignis, ein Stelldichein.

Es war auch der erste Opernball, den wir besuchten, um einen Blick aus der Perspektive eines Mediums, das bekannterweise abseits des Mainstream über Dinge berichtet, die oftmals unbeleuchtet bleiben, auf das Ereignis zu werfen.

Unter den bekannten Sicherheitsvorkehrungen waren umfangreiche Absperrmaßnahmen vorgenommen worden, wobei auch schon andere Medien darüber berichteten, daß die internationale Politikerszene – Stichwort „Königshäuser“ – diesem gesellschaftlichen Ereignis in den letzten Jahren zunehmend fernblieben und -bleiben.

Eine angekündigte Demonstration einer Tierschutzorganisation sollte den Ballabend begleiten und ihren Protest gegen Tierpelzmäntel zum Ausdruck bringen. Doch augenscheinlich wurden diese Demonstranten für uns nicht. Auch die Demo gegen soziale Ungerechtigkeiten, die von etwa 20 Teilnehmern abgehalten wurde, erblaßt inhaltlich gegenüber der Feststellung, die wir zum Opernball machen konnten. Was es an einer Randbemerkung zu polizeilichen Vorkommnissen zu vermelden gab, wurde bereits im Blog veröffentlicht.

Opernballbesuch ruinierte zahlreiche Ballschuhe der DamenFür viele Menschen, auch den sogenannten Debütanten, ist der Opernball ein Ereignis, das einige nur einmal im Leben erfahren und die Freude, wie auch die Vorbereitungen für die Teilnahme am Ball ihres Lebens sind entsprechend sorgsam wie auch bedeutend für jeden einzelnen Teilnehmer. Vom Schmuck beginnend, bis hin zu den Schuhen wird nichts dem Zufall überlassen, gilt es doch auch, sich selbst zur Schau zu stellen. Ebenso werden so manche edlen Schmuckstücke, die sonst das ganze Jahr über ein eher verwaistes Dasein fristen, gerade für diesen Abend auf Hochglanz gebracht. Vor dem who is who sowie der aus dem rund um den Globus angereisten Weltpresse will man berechtigterweise auch darstellen und wahrgenommen werden – wozu geht man sonst auf den Opernball?

Schon einige Stunden vor dem Einlaß in die ehrwürdigen Hallen der Staatsoper trafen die ersten Gäste mit ihrer Abendrobe, die Damen mit großem, langen Abendkleid und die Herren mit Frack, wie es die Etikette der Veranstalter vorgibt, an dem Gebäude der Wiener Ringstraße ein. Immer wieder ein Aufblitzen der Photoapparate bzw. der Beleuchtung der Filmteams der Presse. Aber auch die Ballbesucher selbst photographieren mit ihren kleinen Digitalkameras und Handys. Als der Einlaß erfolgte, stand unser Vertreter auch zeitweise direkt neben den Eingängen, die durch Personal der Staatsoper und Mitarbeitern eines privaten Sicherheitsunternehmen zur Einlaßkontrolle flankiert waren. Nur wenige Momente nachdem die Türen sich öffneten, passierte folgendes: Eine Ballbesucherin, die eintreten wollte, blieb mit Ihrem linken Schuh in dem Schmutzabstreifgitter, das jeder Eintretende unweigerlich betreten mußte, hängen. Sie verlor, weil sich der hohe Absatz im Gitter festbohrte und verfing, das Gleichgewicht, so daß ihr Begleiter sie regelrecht auffangen mußte.

Ein sichtlich gezeichneter Ballschuh einer Opernballbesucherin

Ein sichtlich gezeichneter Ballschuh einer Opernballbesucherin

In dem ersten Moment noch an eine Einmaligkeit denkend, mußte man aber innerhalb von nur weniger Minuten die Feststellung machen, daß dieses Geschehnis sich mehrfach wiederholte. Die Damen blieben mit ihren Schuhen, die teilweise sogar extra für den Opernball gekauft worden waren, in den Gittern hängen. In einem beobachteten Fall war die Ballbesucherin sogar gezwungen, sich mitten im Strom der Besucher, wir sprechen hier von einer Teilnehmeranzahl von mehreren Tausend Personen, zu bücken und den Schuh auszuziehen wobei ihr ein Herr helfen mußte, ihn wieder aus dem „Fanggitter“ zu lösen. Innerhalb kürzester Zeit war zahlreiches Schuhwerk ruiniert, weil die scharfen Kanten des Gitters die Absätze in etlichen Fällen regelrecht abschälten.

Nicht nur, daß diese Vorgänge für die Damen verständlicher Weise als peinlich und unangenehm erachtet wurden, kommt noch das Ärgernis hinzu, daß der Schuh unwiderbringlich kaputt ist. Ein derart zahlreiches Auftreten dieses Ereignisses hat unseren Vertreter dann veranlaßt, den Beschäftigten der Staatsoper, der direkt am Eingang stand und die Vorgänge selbst beobachtete, darauf hinzuweisen, daß es vielleicht dringend ratsam ist, einen Verantwortlichen darüber zu informieren um weitere Beschädigungen und diese Peinlichkeit den Ballbesucherinnen zu ersparen und dafür Sorge zu tragen, daß dies beispielsweise durch Auflegen eines Teppichs vermieden werden könnte.

Um 23:17 in der Ballnacht - keine Abdeckungen der SchuhfalleAls sich die Damen auch weiterhin reihenweise in den Schmutzgittern verfingen und noch immer seitens der Staatsopernführung keine Maßnahme ergriffen wurden, um diese Geschehnisse zu unterbinden, erfolgte nochmals die Nachfrage bei dem Herrn im Frack mit goldenen Streifen, der uns nur mitteilte, es inhaltlich bereits weitergeleitet zu haben.

Nein, während des gesamten Abends blieben die Gitter unbedeckt und Dutzende, wenn nicht Hunderte Schuhe wurden ruiniert. Allein in den 14 Minuten, die wir bei der einen Eingangstüre standen, war etwa jede 5. Ballbesucherin von den Folgen betroffen.

Am Freitag, den 16.2.07 richteten wir unter Schilderung des Sachverhaltes dann folgende Anfrage an die von der Staatsoper eigens für den Opernball eingerichtete e-Mail-Adresse:

Im Zusammenhang mit dem Opernball 2007 ergeht an sie folgende Anfrage:

Wie ich gestern abend feststellen konnte, haben sich zahlreiche Besucherinnen ihr Schuhwerk beim Zutritt zu Ihrem haus ruiniert. dabei kam es für die Damen teilweise zu sehr peinlichen Situationen, da sie mit den Absätzen in den vor den Eingangstüren ihres Hauses befindlichen Schmutzabstreifgittern hängen geblieben sind. Nicht nur, daß einige der Ballbesucherinnen sogar ihr Gleichgewicht verloren und zu Boden stürzen drohten, gab es etliche, die vor dem Publikum und der zahlreich anwesenden Presse ihre „Ballschuhe“ ausziehen mußten um den Schuh, der in dem Abstreifgitter festsaß zu „befreien“.

Nachdem sich dieser Vorgang innerhalb weniger Minuten schon nach dem Öffnen ihrer Tore mehrfach am Eingang ereignete, habe ich mir erlaubt einen Mitarbeiter ihres Hauses darauf aufmerksam zu machen, daß es empfehlenswert wäre, dringend an diesen Stellen raschest Abdeckungen anzubringen und nahe gelegt, dies möglichst unverzüglich an verantwortliche Beschäftigte inhaltlich weiterzuleiten. Tatsächlich konnte man einwandfrei die Feststellung machen, daß zahlreiches Schuhwerk beschädigt wurde, da die scharfen Kanten die Stöckelabsätze nicht nur oberflächlich, sondern bis an den Korpus „abschälten“. Selbst nach einer viertel stunde, bis zum Ende der Veranstaltung wurde keine Maßnahme getroffen, um diesen Mißstand zu beseitigen. Ihr Mitarbeiter (er trug einen Frack mit goldenen Borten – es handelte sich nicht um einen angehörigen von G4S) teilte jedoch nur mit, daß er es bereits weitergeleitet habe.

Sie werden um Stellungnahme ersucht, warum nicht bereits im Vorfeld der Veranstaltung an diesen Punkt gedacht wurde und gleichzeitig um Mitteilung ersucht, ob in den vergangenen Jahren vor den Eingangstüren entsprechende Abdeckungen auf den Gittern aufgelegt waren, wie beispielsweise kleine Teppiche.

Nachdem bis am 20.2. noch keine Antwort der Zuständigen der Staatsoper Wien eintraf, haben wir die Anfrage nochmals per FAX an die Pressestelle der Staatsoper abgeschickt und bereits am 21.2.07 traf dann folgende Stellungnahme von Frau Eva Dintsis:

Es tut uns sehr leid, dass mehrere Damen mit ihren Schuhen im Türgitter hängen geblieben sind. Nach internen Recherchen kann ich Ihnen mitteilen, das die Gitter den dafür vorgesehen Ö-Normen entsprechen. Darüber hinaus existieren die Gitter bei der Ringdurchfahrt seit 1955 (- sie sind selbstverständlich immer wieder erneuert worden – ) und es hat in den bisherigen Jahren noch nie Probleme gegeben – weder bei den Opernbällen noch bei Vorstellungen.

Faksimile der Stellungnahme der Staatsoper Wien

Faksimile der Stellungnahme der Staatsoper Wien

Wir hegen keinen Zweifel darüber, daß diese Gitter nicht den entsprechenden Normen entsprechen, aber wir dürfen davon ausgehen, daß Besucherinnen der Oper ein anderes Schuhwerk tragen als zu einer Ballnacht, auf die sich, wie bereits eingangs erwähnt, sich gerade das weibliche Geschlecht monatelang vorbereitet. So manche teilweise wahrgenommenen Ballschuhe, die am Opernball getragen wurden, waren ruiniert, aber nicht weil sie abgetanzt wurden, sondern schon bevor zum ersten Walzerschritt angesetzt wurde.

Die Eintrittskarten und Logen kosten zwischen 215.- (2.58.- öS od. 430.- DM) bis 16.000.- € (220.165.- öS od. 31.976.- DM) und daß sich ggf. bis dato noch keine Besucherin oder deren Begleiter über diesen Mißstand beschwert hat, wird wahrscheinlich auch darin begründet liegen, daß dieser Vorfall als peinlich angesehen wird und man auch deshalb darüber „hinwegsieht“, um nicht dem Vorwurf der Lächerlichkeit preisgegeben zu sein.

Wir werden beobachten, wie das Veranstalterhaus im Jahr 2008 mit der Thematik umzugehen beabsichtigt, denn sonst kann es leicht passieren, daß beispielsweise ein free-TV-Sender das Publikum mit einem Beitrag über die „Patschersten Ballbesucher“ beglückt, obwohl diese Akteure hier völlig schuldlos sind und alleinig dem Veranstalter ein Vorwurf zu machen wäre.

082702

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