Fussball Vizeweltmeister Deutschland und seine Anhängerschaft

(Deutschland) Es waren von allen Prognosen und Prophezeiungen die wohl ungewöhnlichsten und abweichendsten Fussball-Weltmeisterschaften, die die Anhängerschaft um den Erdball verfolgen konnte. Gesetzte Favoriten traten schon nach den ersten Ballbegegnungen die Heimreise an und Länder wie Senegal freuten sich über unerwartetes Vorankommen. Doch die Türkei und der Mitgastgeber Südkorea  waren die wahren Weltmeister dieses sportlichen Grossereignisses. Aussenseiter, die es bis ins Semifinale schafften. Im Gegensatz zu der Portion Glück, die die heimische Elf begleitete, waren es doch technisch und strategisch ansprechende Spielbegegnungen der beiden Länder. Bei Südkorea dürfte die asiatische Mentalität, der wahre fernöstliche Spirit, die Spieler begleitet haben. Ihr Engagement und Einsatz waren so beeindruckend, dass in so machem Medium von Batteriesteuerung gesprochen wurde. Noch vor Beginn der WM waren Zweifel an dem Erreichen des Achtelfinales der Deutschen Mannschaft gegenwärtig. Wie letztendlich der Vizeweltmeistertitel geschafft wurde, danach fragen maximal Analysten, während der Fussballdurchschnittskonsument im Geiste gemeinsam mit den Akteuren das Glas empor hob. Ein Prosit auf den Sieg einer Mannschaft, die nicht unbedingt durch spielerische Fertigkeiten das Podest ersteigen konnte.

Fußball WM 2002 Fußballfans in München - Schwabing
v.l.n.r.: Die Massen in Rauchbombenschwaden versinkend | im Einkaufswagen angekarrtes Bier

Doch gerade im Feiern des Sieges zeigt sich auch die Grösse einer Anhängerschaft. Die Gruppe der Südkoreaner zog nach ihrem verlorenen Spiel gegen Deutschland mit Trommeln, Ehre und Grösse durch die Münchner Leopoldstrasse und bekundete lautstark ihren Respekt vor dem Gegner. In einem Meer von zerschlagenen Glasflaschen torkelte die deutsche Fangemeinde und so mancher tat den Ausspruch: „Man sollte den Koreanern sagen, dass sie verloren und nicht gewonnen haben.“ Es steht ja gar nicht ausser Frage, einen Sieg feiern zu können, aber angesichts der Beobachtungen kann ja nur von einem Alkoholgemetzel gesprochen werden. Als ob es darum ginge, jeglich verfügbaren Alkohol der Vernichtung zuzuführen. Auch die Kultur der türkischen Fans unterschied sich durch besonnenes Feiern sehr. Im Sport ist die gegenseitige Akzeptanz – und dazu gehört auch die Achtung der gegnerischen Fans – als ein Gebot der Fairness anzusehen. Als bei dem Finalspiel eine Gruppe von 3 offensichtlich alkoholisierten Deutschlandfans einem Anhänger der brasilianischen Mannschaft noch während des Spielverlaufes auf der Strasse begegneten, rief ihm einer von ihnen zu: „Scheiss Brasilianer“.

Brasilianische Fans feiern gemeinsam mit Fans der Deutschen Mannschaft koreanische Fußballfans
v.l.n.r.: friedlich miteinander die Anhängerschaft von Brasilien & Deutschland | südkoreanische Fans bekunden Deutschland den Respekt

Dies ist genauso zu verurteilen, wie das Abkappen des Stromes, als aus einem Bus der Münchner Polizei das Spiel zwischen der Türkei und Brasilien übertragen wurde. Dutzende Menschen verfolgten das Spiel, als plötzlich ein Vertreter des AStA (Allgemeiner Studentenausschuss der Universität München) den Stecker aus der Dose zog und meinte:

Die Polizei bekommt keinen Strom von uns.

2006 steht Deutschland als Austragungsort der Fussballweltmeisterschaft im Mittelpunkt des Weltinteresses. Es bleibt zu hoffen, dass erstens die Übertragungsrechte allen Menschen, auch denen ohne Pay-TV, ein Zusehen der Spiele ermöglichen und zweitens sich die Umgangsformen zahlreicher Fans, die zu wünschen übrig ließen, denjenigen anpassen, die vorzeigten, dass es auch anders geht. Spielerisch können andere Mannschaften von der deutschen einiges lernen, bei den Fans ist es jedoch umgekehrt.

Feierlichkeiten und ihr Nebenprodukt die Münchner Polizei
v.l.n.r.: Leopoldstrasse glich einem Scherbenhaufen | eine nette Geste der Münchner Polizei

030207

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